Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

„Augustinus könnte es sich kaum besser wünschen“

Würzburg (POW) Das kleine Messsingschild in der Fußgängerzone ist unscheinbar und lässt eher auf eine Anwaltskanzlei schließen denn auf ein Wissenschaftszentrum. Im Dachgeschoss des Würzburger Augustinerklosters, hoch über den Straßen Würzburgs, liegt der Nabel der Augustinusforschung. Hier im Zentrum für Augustinusforschung (ZAF), arbeitet ein Stab von Fachkräften daran, das Werk des Kirchenvaters und Heiligen Augustinus für die Wissenschaft aufzuarbeiten. „Am Anfang stand die Idee, ein Augustinus-Lexikon zu veröffentlichen. Das Werk stellt Begriffe, Themen und Personen vor, die für Leben und Werk des Bischofs von Hippo entscheidend sind“, erläutert Augustinerpater Dr. Cornelius Petrus Mayer. Das ZAF ist untrennbar mit dem Forschungswirken des seit 1996 emeritierten Gießener Dogmatikprofessors verbunden.
 
Vor 25 Jahren war der gebürtige Donauschwabe aus Ungarn auf die Idee gekommen, ein Standardnachschlagewerk zum Thema Augustinus zu schaffen. Weil er neben der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) noch weitere Geldgeber suchte, wandte sich Mayer an seinen Freund Reinhold Vöth, den damaligen Intendanten des Bayerischen Rundfunks. So kam es zur Gründung der „Gesellschaft zur Förderung der Augustinusforschung“. Der Verein, der damals etwa ein Dutzend Mitglieder zählte, ist heute rund 200 Personen stark.
 
Er unterstützt die Arbeit im ZAF. Ein Schwerpunkt ist die Arbeit am Augustinuslexikon, das auf fünf Textbände und einen Registerband konzipiert ist. Es enthält zu lateinischen Schlagwörtern Artikel in deutscher, französischer oder englischer Sprache. Bisher sind zwei komplette Bände erschienen. Gut Ding will eben Weile haben. Professor Mayer hat seine Maxime so formuliert: „Augustinus verdient es, dass man ihn ordentlich behandelt.“
 
Als nächste Herausforderung nahm sich Mayer der Aufgabe an, einen kompletten elektronischen Augustinus-Text zu erstellen. „Bei über fünf Millionen Wörtern war das eine Heidenarbeit.“ Das „Corpus Augustinianum Gissense“ (CAG), so der Name der CD-ROM, die auf dieser Vorarbeit fußt, ist ein Quantensprung in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Kirchenvater. Augustinus ist der meistzitierte Denker mittelalterlicher Autoren. Wollten Wissenschaftler bei kritischen Editionen die Quelle des Augustinuszitates angeben, mussten sie oftmals tagelang nachschlagen. Dank intelligenter Software findet der Rechner jetzt innerhalb von Sekunden die Quelle eines Zitats und gibt Hintergrundinformationen zum jeweiligen Text. „Man kann sich vorstellen, welche Erleichterung dieses Werk der Forschung gebracht hat, gerade auch in finanzieller Hinsicht.“ Das CAG enthält neben dem so genannten lemmatisierten Text aller Bücher, Briefe und Predigten auch noch eine Bibliographie. Darin sind in der derzeitigen Ausgabe 20.000 Titel von Sekundärliteratur erfasst. „Wir haben uns bemüht, diese möglichst differenziert darzustellen, zum Vorteil des Benutzers.“
 
Und auch das Medium Internet nutzt das ZAF für seine Zwecke: Unter www.augustinus.de finden Laien wie Profis ein breit gefächertes Angebot an Informationen über Leben und Werk des Heiligen. Neben der Literaturdatenbank hat der Nutzer Zugriff auf Predigten oder, seit neuestem, den Zitatenschatz. Den Anstoß für dieses brandneue Angebot hat der Vorsitzende des Fördervereins gegeben, CSU-Generalsekretär Dr. Thomas Goppel. Darin sind zu verschiedenen Schlagwörtern von A wie Almosen bis Z wie Zeit prägnante Kurztexte von Augustinus zu finden. „Mit täglich um die 150 Zugriffen aus aller Welt ist die Seite sensationell gut besucht, versichern mir Fachleute. Das beweist, dass Augustinus auch heute noch ein Thema ist“, sagt Mayer mit sichtbarem Stolz. „Alles in allem verhelfen sie Augustinus zu einem Webauftritt, wie er ihn sich kaum besser wünschen könnte“, hat ein Latein-Student im Diskussionsforum geschrieben.
 
Trotz der Popularität der Internet-Seite: Reich wird im ZAF niemand, wo neben Mayer zwei fest angestellte wissenschaftliche Mitarbeiter zusammen mit mehreren Hilfskräften die Projekte stemmen. Die Arbeiten am CAG schlagen mit einem sechsstelligen Betrag zu Buche. Bei einem Stückpreis von 1500 Euro reichen die Verkaufseinnahmen gerade, die Kosten zu decken. „Jeden Euro, den wir verdienen, investieren wir wieder in die Forschung“, betont Cornelius Mayer. Die Diözese Würzburg, deren Finanzdirektor Dr. Adolf Bauer zweiter Vorsitzender des Fördervereins ist, unterstütze die Arbeit mit regelmäßigen Zuwendungen. Um langfristig den Bestand des ZAF zu gewährleisten, ist eine Kooperation mit der Universität geplant. Auf Bitte von Dr. Thomas Goppel, von dem auch diese Idee stammt, hat Bischof Dr. Paul-Werner Scheele mit dem Universitätspräsidenten Professor Dr. Theodor Berchem Kontakt aufgenommen. „Berchem betrachtet die Anbindung unserer international zugeschnittenen Forschungsprojekte als Prestigegewinn für seine Universität.“
 
Hinweis: Am Samstag, 2. November, findet die Jahresvollversammlung der Gesellschaft zur Förderung der Augustinus-Forschung in Würzburg statt. Zum Thema „Politische Theologie – neu besehen“ spricht dabei Staatsminister a.D. Professor Dr. Hans Maier. Die Veranstaltung im Matthias-Ehrenfried-Haus beginnt um 11 Uhr mit der Begrüßung durch den Vorsitzenden Dr. Thomas Goppel und Grußworten von Oberbürgermeisterin Pia Beckmann. Nach dem Vortrag von Professor Maier wird ein um die Gesellschaft zur Förderung der Augustinus-Forschung verdientes Mitglied gewürdigt.
(4402/1384)